Erklärung von Präsidentin von der Leyen auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Dimitar Kovačevski, Ministerpräsident der Republik Nordmazedonien

Erklärung der Präsidentin mit Dimitar Kovačevski

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident, lieber Dimitar,

es ist immer eine Freude, hier in Skopje zu sein und dieses wunderbare Land zu besuchen. Ich bin heute vor allem hier, um Ihnen sowie den Bürgerinnen und Bürgern Nordmazedoniens zu sagen, dass Sie auf einem guten Weg zur Mitgliedschaft in der Europäischen Union sind. Ich freue mich sehr darauf, Sie willkommen zu heißen. Sie, Herr Ministerpräsident, haben die Verbesserungen und die Fortschritte in den letzten Jahren beschrieben. Ich muss sagen, dass Nordmazedonien dabei Erstaunliches geleistet hat. Und auch Ihre Entschlossenheit, sich weiter in die richtige Richtung zu bewegen, ist beeindruckend. Wir wissen auch, dass die Europäische Union auf eine lange Geschichte von Beitritten zurückblickt. Sie war nicht immer eine Union der 27, aber wir haben einen Schritt der Erweiterung nach dem anderen unternommen. Und es war immer eine Geschichte des Respekts voreinander, vor jeder Nation und vor der Vielfalt, für die wir stehen. Deshalb bin ich felsenfest davon überzeugt, dass wir eines Tages Nordmazedonien mit seiner einzigartigen Identität und seiner eigenen Sprache unter uns begrüßen werden. Heute haben wir bereits 24 verschiedene Sprachen in der Europäischen Union. Mazedonisch wird eines Tages dazu zählen. Wir hatten heute sehr gute Gespräche – vielen Dank dafür. Vielen Dank auch an die Mitglieder der Regierung, die bei den Gesprächen ebenfalls anwesend waren.

Nordmazedonien hat bereits einen so langen Weg zurückgelegt – Sie haben ihn mit vielen beeindruckenden Zahlen beschrieben. Mein Wunsch ist, dass Sie unbedingt weitermachen sollten. Das Screening-Verfahren verläuft in der Tat reibungslos. Vielen Dank für die hervorragende Arbeit, die Sie geleistet haben. Die Verhandlungsteams machen einen fantastischen Job. Wir beabsichtigen, noch in diesem Jahr Verhandlungen zum Cluster „Wesentliche Elemente“ aufzunehmen. Und ich weiß, dass wir es schaffen können. Natürlich bin ich mir der laufenden Arbeiten zur Änderung Ihrer Verfassung bewusst. Die ersten Schritte wurden in Ihrem Parlament unternommen – das ist eine gute Nachricht. Ich hoffe nun, dass alle Parteien diese Gelegenheit nutzen werden, um voranzukommen, denn es herrscht nun in der gesamten Europäischen Union und allen Ländern, die der Europäischen Union beitreten wollen, eine echte Dynamik für den Erweiterungsprozess. Es ist daher wichtig, diesen Moment zu nutzen. Ich weiß natürlich, wie herausfordernd diese Prozesse sein können. Aber ich bin sicher, dass Se ihrem Ruf als erfolgreiche multiethnische Gesellschaft gerecht werden können. Sie verkörpern bereits das Motto der Europäischen Union. Es lautet: „In Vielfalt geeint“. Dies ist auch der Grund, warum Skopje mit dem prestigeträchtigen Titel der Kulturhauptstadt Europas 2028 ausgezeichnet wurde. Herzlichen Glückwunsch dazu.

Meine zweite Botschaft lautet: Wir müssen unsere Volkswirtschaften aneinander annähern. Wir tun dies bereits. Wenn wir zurückblicken, ist da unser 30-Mrd.-EUR-Investitionsplan für den Westbalkan. Er bringt rasche Ergebnisse. Zum Beispiel investieren wir mit den Solarparks Oslomej und Bitola massiv in erneuerbare Energien – eine gute Sache, da sie uns gemeinsam energieunabhängig machen. Dann ist da der Windpark Bogdanci. Sie verfügen über Sonne und Wind; sie sind wichtige Quellen von erneuerbarer Energie. Natürlich haben Sie Recht mit Ihrem Hinweis auf die schwere Energiekrise, die wir letztes Jahr durchgemacht haben. Aber wir haben zusammengehalten und Berge versetzt. Wir haben Sie mit 80 Mio. EUR unterstützt, um die Auswirkungen hoher Energiepreise auf Haushalte und Unternehmen abzufedern. Wir haben gemeinsam hart dafür gearbeitet, die nötige Energie für den Winter bereitzustellen, und hatten Erfolg. Die Preise sind wieder gesunken. Wir arbeiten noch daran, sie weiter zu senken. Das waren Testzeiten, aber wichtig ist, dass wir sie gemeinsam überwunden haben. Das war in der Vergangenheit so, aber wir haben auch heute über Energie gesprochen. Lassen Sie uns daher auch in Zukunft, was immer sich uns an energiepolitischen Herausforderungen stellt, gemeinsam angehen und überwinden. Wir sind bereit, mit der Auszahlung der von uns angekündigten Makrofinanzhilfe in Höhe von 100 Mio. EUR zu beginnen. Aber wie gesagt müssen wir mehr tun und unsere Volkswirtschaften einander annähern.

Ein Blick auf die Zahlen offenbart eine sehr erfolgreiche Entwicklung, aber Ihre Wirtschaft erzeugt 42 % des Durchschnittseinkommens in der Europäischen Union. Was wir gemeinsam leisten wollen, ist also die Verdopplung Ihrer Wirtschaftsleistung in einem Jahrzehnt. Aus diesem Grund stellen wir den neuen Wachstumsplan für den Westbalkan vor. Sie haben es beschrieben: Es müssen mehr oder minder vier bedeutende Schritte vollzogen werden.

Der erste ist: Wir gewähren Ihren Unternehmen Zugang zu Kernbereichen des europäischen Binnenmarkts. Wir öffnen im Wesentlichen in sieben verschiedenen wichtigen Sektoren die Türen zum europäischen Binnenmarkt.

Die zweite Säule ist: Wir bitten Sie, auch Ihren gemeinsamen regionalen Markt für Ihre Nachbarn zu öffnen und diesen gemeinsamen regionalen Markt zu vollenden, denn der gemeinsame regionale Markt birgt enormes Potenzial. Er könnte, wenn wir ihn vollenden, das BIP der Länder des westlichen Balkan um 10 % erhöhen. Das ist also eine große Chance für Fortschritte.

Als dritte Säule müssen wir, wenn wir die Tore des Binnenmarkts öffnen und den gemeinsamen regionalen Markt vollenden wollen, positive Reformen beispielsweise der Rahmenbedingungen für Unternehmen durchführen. Für Nordmazedonien könnten Reformen etwa eine effiziente öffentliche Verwaltung, solide öffentliche Finanzen und ein verbessertes Geschäftsumfeld umfassen. Und es ist von entscheidender Bedeutung, die Reformen für die Unabhängigkeit der Justiz fortzusetzen und die Korruption zu bekämpfen. All diese Reformen sind notwendig, um gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen dem europäischen Binnenmarkt und dem gemeinsamen regionalen Markt zu schaffen.

Da Reformen nie einfach sind, werden sie mit Investitionen, der vierten Säule, einhergehen. Wir haben in der Tat ein Paket in Höhe von 6 Mrd. EUR für unsere Partner im Westbalkan vorgeschlagen. Es geht also um Reformen und Investitionen. Warum schlagen wir das vor? Weil wir mit diesem Grundsatz in der Europäischen Union sehr gute Erfahrungen gemacht haben. Wir haben einen Investitionsplan für unsere Mitgliedstaaten namens NextGenerationEU. Wir haben ihn nach der Pandemie eingeführt. Und er funktioniert auf die gleiche Weise: Reformen und Investitionen. Er funktioniert hervorragend. Also haben wir uns gedacht: Warum öffnen wir diesen Grundsatz nicht auch für unsere Freunde auf dem Westbalkan? Der Wachstumsplan wird Ihre Wirtschaft ankurbeln. Und das Wichtigste ist, dass er Arbeitsplätze schaffen wird. Parallel dazu wird er Sie natürlich auch auf ihrem Weg in die Europäische Union unterstützen.

Ich glaube, dies ist das richtige Angebot zur rechten Zeit. Der Plan hat das Potenzial, Ihre Wirtschaft in einem Jahrzehnt auf das Doppelte wachsen zu lassen. Das ist das Ziel. Zudem wird der Plan eine wichtige Rolle auf Ihrem Weg in die Europäische Union spielen. Sie haben auf diesem Weg immer wieder erstaunliches Engagement bewiesen. Zum Beispiel, indem Sie sich hinter die Reaktion der EU auf Russlands brutalen Angriffskrieg in der Ukraine gestellt haben. Ich möchte Sie auch zu der großartigen Arbeit beglückwünschen, die Sie als Vorsitzender der OSZE leisten.

Sie haben also immer wieder gezeigt, dass Sie ein sehr verlässlicher Partner sind. Dafür danke ich Ihnen.

Vielen Dank.

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