Kommission verklagt Bulgarien vor dem Europäischen Gerichtshof
Die Europäische Kommission hat heute beschlossen, Bulgarien vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen, weil das Land die Richtlinie über das Recht auf Belehrung und Unterrichtung in Strafverfahren (Richtlinie 2012/13/EU) nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat. Die Mitgliedstaaten mussten die Richtlinie bis zum 2. Juni 2014 umsetzen.
Am 23. September 2021 hatte die Kommission ein Aufforderungsschreiben an Bulgarien gerichtet, weil das Land die Richtlinie nicht ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt hatte. Am 28. September 2023 übermittelte die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie die im Aufforderungsschreiben dargelegten Beanstandungen erneut vorbrachte.
Bulgarien hat die von der Kommission beanstandeten Mängel noch nicht vollständig behoben, etwa die nicht ordnungsgemäße Umsetzung des Anwendungsbereichs der Richtlinie in Bezug auf Personen, die tatsächlich verdächtigt werden, eine Straftat begangen zu haben, aber noch nicht offiziell als beschuldigte Personen gelten. Das bedeutet, dass Personen, die einer Straftat nur verdächtigt, aber noch nicht offiziell beschuldigt sind, in Bulgarien nicht die Rechte genießen, die ihnen der Richtlinie zufolge zustehen, und dass damit ihr Recht auf ein faires Verfahren erheblich beeinträchtigt werden kann. Dieser Umstand hat wiederum Auswirkungen auf die ordnungsgemäße Umsetzung materieller Rechte, die Gegenstand der Richtlinie sind, darunter das Recht auf Rechtsbelehrung, das sich nach bulgarischem Recht nicht auf solche faktisch Verdächtigen erstreckt. Zwar hat Bulgarien erste Schritte unternommen, um die Missstände bei der Umsetzung des Rechts auf schriftliche Erklärung der Rechte in Verfahren zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls und des Rechts auf Einsicht in die Verfahrensakte zu beheben, doch sind die zusätzlichen Maßnahmen immer noch unzureichend für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Die Kommission hat daher beschlossen, den Gerichtshof der Europäischen Union mit der Sache zu befassen.
Hintergrund
Die EU setzt sich dafür ein, dass die Grundrechte von Verdächtigen und beschuldigten Personen gewahrt werden. Für die Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen eines Mitgliedstaats durch die anderen Mitgliedstaaten bedarf es gemeinsamer Mindestanforderungen. Mit sechs Richtlinien über die Verfahrensrechte von Verdächtigen und beschuldigten Personen wurden bereits große Fortschritte erzielt.
Die EU hat Vorschriften erlassen über das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen (Richtlinie 2010/64/EU), das Auskunftsrecht (Richtlinie 2012/13/EU), das Recht auf einen Rechtsbeistand (Richtlinie 2013/48/EU), das Recht auf Prozesskostenhilfe (Richtlinie (EU) 2016/1919), das Recht auf die Unschuldsvermutung und das Recht auf Anwesenheit in der Verhandlung (Richtlinie (EU) 2016/343) sowie besondere Verfahrensgarantien für Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind (Richtlinie (EU) 2016/800).
Weitere Informationen
Rechte von Verdächtigen und Beschuldigten
Datenbank der Vertragsverletzungsverfahren
EU-Vertragsverletzungsverfahren
Vertragsverletzungsverfahren im Juli 2024
Vertragsverletzungsverfahren gegen Bulgarien (INFR(2021)2098)
Zařazeno | čt 25.07.2024 12:07:00 |
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Zdroj | Evropská komise de |
Originál | ec.europa.eu/commission/presscorner/api/documents?reference=IP/24/3765&language=de |
lang | de |
guid | /IP/24/3765/ |